Ausverkauf der Wasserversorgung

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Bei den Diskussionen um eine Liberalisierung geht es um die Aufhebung der bestehenden Gebietsmonopole der Kommunen in der Wasserversorgung durch den Gesetzgeber. Anders als bei der Privatisierung hätten die Kommunen als Folge nicht mehr die freie Verfügungsgewalt über eine Vergabe ihrer Wasserversorgung an Privatunternehmen.

Gegen die generelle, wachsende Beteiligung von privaten Unternehmen aufgrund der Geldnot vieler Kommunen versuchen sich kommunale Wasserversorger zur Wehr zu setzen. Sie argumentieren, dass die Wasserwirtschaft Deutschlands vor allem dank jahrzehntelanger Führung der Betriebe in öffentlicher Hand zu qualitativer Weltspitze aufgestiegen ist. Vor allem die Umweltstandards sind in Deutschland auf einem sehr hohen Niveau angesiedelt.

(Grafik: Oliver Deska).
Das Geschäft mit der privaten Wasser-versorgung floriert weltweit.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dies bestätigte bereits Mitte der 90er Jahre eine Studie des Weltbankers John Briscoe, der aber zugleich zu Bedenken gab, dass auch die Preise bei Trink- und Abwasser im globalen Vergleich ein Top-Niveau aufweisen. Briscoe stellte als Fazit seiner Deutschlandreise unter anderem fest, dass eine Minimierung von Wasserverlusten und, wie er es nannte, Übererfüllung von Umweltstandards zwar ökologisch wertvoll seien, dem Kunden aber sehr teuer zu stehen kämen. Briscoes Studie war in Deutschland einer der Auslöser für die nun seit Jahren geführte Liberalisierungsdebatte.

Als das Bundesministerium für Wirtschaft im vergangenen Jahr ein durch ein Gutachtergremium verfasstes Thesenpapier veröffentlichte schlugen die Wellen besonders hoch. Widerstand seitens kommunaler Versorger, der Umweltverbände und vermehrt auch von Kommunalpolitikern formierte sich rasch und heftig, da es Empfehlungen enthielt, den deutschen Wassersektor für den Wettbewerb zu öffnen, nicht zuletzt im Hinblick auf die Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen. Vermutlich als Reaktion darauf enthielt der Schlussbericht des Bundeswirtschaftsministeriums, gegen Ende des letzten Jahres dann moderatere Vorschläge für eine systemkonforme Öffnung.

Tendenzen in der Politik

Inzwischen scheint das Thema "Liberalisierung der Wasserversorgung" in den Berliner Ministerien vorerst vom Tisch zu sein. Die Tatsache, dass ohnehin zunehmend privatrechtlich organisierte Unternehmen Aufgaben der Wasserversorgung übernehmen, könnte es jedoch auf Dauer immer schwieriger gestalten, eine Liberalisierung der Wasserwirtschaft aufzuhalten. Branchenkenner wie der Wasserpolitische Sprecher des Bundesverbandes der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW), Dieter Bongert, rechnen für die Zukunft mit einer Vorgabe zur verpflichtenden Ausschreibung bei der Erteilung von Konzessionen. Auch Felix Wirtz, Leiter der Unternehmenskommunikation der Gelsenwasser AG beurteilt die Situation ähnlich: "Meiner persönlichen Einschätzung nach wird man in etwa zwei Jahren mit einem entsprechenden Schritt aus Brüssel rechnen können."

Während Kritiker befürchten, derartige Beschlüsse durch Europaabgeordnete könnten große Versorgungsunternehmen bevorzugen und der Bildung von Oligopolen Vorschub leisten, spricht sich der EU-Handelskommissar Pascal Lamy trotzdem für eine weitergehende Liberalisierung in Europa aus. Vermutlich hofft er, den Export von Dienstleistungen der EU weiter zu erhöhen. Nach geschätzten Angaben der EU-Kommission beliefen sich die Exporte der vier größten Mitgliedstaaten (Deutschland, Großbritannien, Italien und Frankreich) auf dem Dienstleistungssektor im Jahr 2001 auf rund 367 Milliarden Euro. Dagegen blieben die USA mit einem Gesamtvolumen von 288 Milliarden Euro deutlich zurück.


Teil III: Den Kommunen steht eine schwer zu erfüllende Verpflichtung ins Haus. Versorgungsanlagen müssen ausgebaut werden, Leitungsnetze sind vielerorts sanierungsbedürftig. Nach Schätzungen der Deutschen Bank Research sind etwa 400.000 Kilometer öffentlicher Leitungen marode und stammen meist noch aus der Zeit Kaiser Wilhelms des Zweiten. Notwendige Investitionen werden in den nächsten zehn Jahren auf rund 250 Milliarden Euro geschätzt, die von den öffentlichen Trägern allein wohl kaum zu finanzieren sein werden. >>