Bei den Diskussionen
um eine Liberalisierung geht es um die Aufhebung der bestehenden
Gebietsmonopole der Kommunen in der Wasserversorgung durch den Gesetzgeber.
Anders als bei der Privatisierung hätten die Kommunen als Folge
nicht mehr die freie Verfügungsgewalt über eine Vergabe
ihrer Wasserversorgung an Privatunternehmen.
Gegen die generelle,
wachsende Beteiligung von privaten Unternehmen aufgrund der Geldnot
vieler Kommunen versuchen sich kommunale Wasserversorger zur Wehr
zu setzen. Sie argumentieren, dass die Wasserwirtschaft Deutschlands
vor allem dank jahrzehntelanger Führung der Betriebe in öffentlicher
Hand zu qualitativer Weltspitze aufgestiegen ist. Vor allem die
Umweltstandards sind in Deutschland auf einem sehr hohen Niveau
angesiedelt.
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Das
Geschäft mit der privaten Wasser-versorgung floriert weltweit.
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Dies bestätigte
bereits Mitte der 90er Jahre eine Studie des Weltbankers John Briscoe,
der aber zugleich zu Bedenken gab, dass auch die Preise bei Trink-
und Abwasser im globalen Vergleich ein Top-Niveau aufweisen. Briscoe
stellte als Fazit seiner Deutschlandreise unter anderem fest, dass
eine Minimierung von Wasserverlusten und, wie er es nannte, Übererfüllung
von Umweltstandards zwar ökologisch wertvoll seien, dem Kunden
aber sehr teuer zu stehen kämen. Briscoes Studie war in Deutschland
einer der Auslöser für die nun seit Jahren geführte
Liberalisierungsdebatte.
Als das Bundesministerium
für Wirtschaft im vergangenen Jahr ein durch ein Gutachtergremium
verfasstes Thesenpapier veröffentlichte schlugen die Wellen
besonders hoch. Widerstand seitens kommunaler Versorger, der Umweltverbände
und vermehrt auch von Kommunalpolitikern formierte sich rasch und
heftig, da es Empfehlungen enthielt, den deutschen Wassersektor
für den Wettbewerb zu öffnen, nicht zuletzt im Hinblick
auf die Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit
deutscher Unternehmen. Vermutlich als Reaktion darauf enthielt der
Schlussbericht des Bundeswirtschaftsministeriums, gegen Ende des
letzten Jahres dann moderatere Vorschläge für eine systemkonforme
Öffnung.
Tendenzen
in der Politik
Inzwischen scheint
das Thema "Liberalisierung der Wasserversorgung" in den
Berliner Ministerien vorerst vom Tisch zu sein. Die Tatsache, dass
ohnehin zunehmend privatrechtlich organisierte Unternehmen Aufgaben
der Wasserversorgung übernehmen, könnte es jedoch auf
Dauer immer schwieriger gestalten, eine Liberalisierung der Wasserwirtschaft
aufzuhalten. Branchenkenner wie der Wasserpolitische Sprecher des
Bundesverbandes der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW), Dieter
Bongert, rechnen für die Zukunft mit einer Vorgabe zur verpflichtenden
Ausschreibung bei der Erteilung von Konzessionen. Auch Felix Wirtz,
Leiter der Unternehmenskommunikation der Gelsenwasser AG beurteilt
die Situation ähnlich: "Meiner persönlichen Einschätzung
nach wird man in etwa zwei Jahren mit einem entsprechenden Schritt
aus Brüssel rechnen können."
Während
Kritiker befürchten, derartige Beschlüsse durch Europaabgeordnete
könnten große Versorgungsunternehmen bevorzugen und der
Bildung von Oligopolen Vorschub leisten, spricht sich der EU-Handelskommissar
Pascal Lamy trotzdem für eine weitergehende Liberalisierung
in Europa aus. Vermutlich hofft er, den Export von Dienstleistungen
der EU weiter zu erhöhen. Nach geschätzten Angaben der
EU-Kommission beliefen sich die Exporte der vier größten
Mitgliedstaaten (Deutschland, Großbritannien, Italien und
Frankreich) auf dem Dienstleistungssektor im Jahr 2001 auf rund
367 Milliarden Euro. Dagegen blieben die USA mit einem Gesamtvolumen
von 288 Milliarden Euro deutlich zurück.
Teil
III: Den Kommunen steht eine schwer zu erfüllende Verpflichtung
ins Haus. Versorgungsanlagen müssen ausgebaut werden, Leitungsnetze
sind vielerorts sanierungsbedürftig. Nach Schätzungen
der Deutschen Bank Research sind etwa 400.000 Kilometer öffentlicher
Leitungen marode und stammen meist noch aus der Zeit Kaiser Wilhelms
des Zweiten. Notwendige Investitionen werden in den nächsten
zehn Jahren auf rund 250 Milliarden Euro geschätzt, die von
den öffentlichen Trägern allein wohl kaum zu finanzieren
sein werden.
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