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Hier stinkt's
nicht einmal, obwohl die Grünfläche im Garten eine Kläranlage
ist. Sie sieht aus wie ein Biotop, doch die sonnengelben Blüten
der Schwertlilien und die Blätter von Schilf, Binsen und Blutweiderich
wuchern nicht zur optischen Freude des Gärtners. Beim satten
Grün vor dem einsamen Bauerhof zwischen sanften Allgäuer
Hügeln handelt es sich um eine hauseigene Pflanzenkläranlage.
Schon bevor das Landratsamt Druck auf die Kommunen ausgeübt
hatte, die Abwasserreinigung zu verbessern, war der Typ Pflanzenkläranlage
in der Gemeinde Wildpoldsried bei Kempten schon lange Stand
der Technik, sagt Bürgermeister Zengerle, als sei dies
eine Selbstverständlichkeit.
Das
EU-Gesetz, das Kommunen bis 10.000 Einwohnern vorschreibt, bis
2005 für eine geeignete Behandlung der Abwässer
zu sorgen, kennt er nicht einmal. Und schüttelt nur den Kopf,
als er europäische Großstädte erwähnt, die
verschmutztes Wasser immer noch ungeklärt in Flüsse und
Meere leiten. Seit das Wasserwirtschaftsamt Pflanzenkläranlagen
als geeignete Technik zur Abwasserreinigung eingestuft hat, boomt
der Bau der Klär-Biotope im Oberallgäu. Allein 400 sind
es schon in der Umgebung von Wildpoldsried. Der tiefschwarze Politiker,
wie er sich selbst einstuft und dabei schmunzelt, macht keinen Hehl
daraus, dass es ihm neben seiner ehrlich gemeinten grünen Gesinnung
auch um die 70 Menschen geht, die der ortsansässige Garten-
und Landschaftsplaner unter anderem für den Bau von Pflanzenklär-anlagen
beschäftigt.
Politik und
Wirtschaft einmal anders, Ökologie ist hier kein Feindbild
und widerspricht auch nicht den Finanzen, Wildpoldsried ist eine
der wenigen schuldenfreien Kommunen. Nicht umsonst werden die einzelnen
Kleinkläranlagen dem unverhältnismäßig teuren
zentralen Kanalanschluss vorgezogen. Und natürlich gedeihen
auch im Garten der Bürgermeisterfamilie Schilf und Binse, auf
einem eigens dafür zugekauften Hektar Grund. Die Fläche
scheint allerdings der einzige Nachteil so einer Anlage zu sein,
Pflanzenkläranlagen brauchen viel Platz.
Bakterien
statt Kanalratten
Das wirklich
Wichtige einer Pflanzenkläranlage sind kleinste Lebewesen,
die keiner zu Gesicht bekommt. Im dunklen Untergrund, verdeckt vom
dichten Blätterwerk der Sumpfpflanzen, erledigen sie die Drecksarbeit.
Die Mikroorganismen schlucken Stickstoffe und Phosphate mit dem
Wasser hinunter, das die Bewohner zum Waschen, Putzen und Spülen
verwenden. Die Heimat der kleinen Lebewesen sind etwa drei LKW voll
Kies, das reicht für einen Haushalt. Die Steine liegen in drei
Schichten unterschiedlicher Kiesgrößen in einem badewannenartigen
Bett, das mit einer UV- und wurzel-beständigen Folie ausgelegt
ist. Die Folie ist mit den feinen rundkörnigen Kieselsteinen
bedeckt, auf deren enorm großer Gesamtoberfläche die
Bakterien haften. Verschiedene Sumpfpflanzen durchwurzeln die bis
zu 80 Zentimeter dicke Schicht aus Steinchen und durchdringen mit
feinsten Rhizomen die unterste und gleichzeitig kleinkörnigste
Kies-Schicht. Die Wurzeln festigen den Kies und belüften die
Zwischenräume, damit die Bakterien nicht in Atemnot geraten,
wenn ihnen das Abwasser bis zum Hals steht.
Dieser Bodenfilter
aus Steinen, Kleinstlebewesen und dem Halt gebenden Wurzelanteil
der Sumpfpflanzen ist das Herz der Pflanzenkläranlage. Oder
die Niere, denn eine Pflanzenkläranlage filtert bis zu 95 Prozent
der organischen Substanzen. Das gereinigte Abwasser fließt
dann in den sogenannten Vorfluter, den nächst gelegenen Bach,
wovon es im Allgäu genügend gibt. Untersuchungen des Umweltbundesamtes
zu Pflanzenkläranlagen lieferten verblüffende Ergebnisse.
Das Wasser hatte teilweise sogar Trinkwasserqualität. Bis zu
40 Prozent der Reinigungsleistung ist allerdings schon erledigt,
wenn das Wasser beginnt, den kiesigen Bodenfilter entlang zu sickern.
Das gebrauchte Wasser rinnt nämlich von Waschbecken, Badewanne
und Spülkasten zuerst in einen unterirdischen Betonzylinder,
und zwar in die Dreikammergrube.
Zu
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