Das Öl des 21. Jahrhunderts

Untergehen im Strom der Liberalisierung

 

Bericht von Daniela Kaulfus

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„Forget aid, think business.“ Provokant klingen sie, die zynischen Werbeslogans der Liberalisierungsgegner. Teilweise resignativ, vielleicht sogar realistisch. „Entwicklungshilfe für transnationale Wasserkonzerne“ wirft der Autor Uwe Hoering der Weltbank und dem Internationalen Währungsfond (IWF) in seinem Beitrag für die deutsche Nichtregierungsorganisation Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung vor. Er stellt weiter die „Lösung der globalen Wasserkrise“ durch Privatisierung in Frage.

Die Weltbank verkündet auf ihrer Website, sie forciere Regierungen und private Firmen auf diesem Gebiet zusammen zu arbeiten. Und so agiert sie auch. Kredite für Entwicklungsländer werden nur zugesagt, wenn die Regierungen in die Privatisierung der kommunalen Wasserversorger einwilligen. Ebenso macht der IWF finanzielle Hilfe von der Bereitschaft der Regierungen abhängig, „Strukturanpassungsprogramme“ durchzuführen, sprich sämtliche öffentliche Versorgungsbetriebe der Obhut internationaler Konsortien zu übertragen.

Nutznießer der Liberalisierung

Seit Jahren unterschreiben Marktriesen wie Vivendi und Ondeo fleißig Verträge. Die beiden französischen Konzerne versorgen inzwischen je 110 Millionen Menschen in über 230 Ländern aller Kontinente. Aus dem Jahresbericht 1999 von Vivendi geht hervor, dass Wasserverluste durch Reparaturen undichter Rohrsysteme verringert werden konnten, wie etwa in Ungarn, Tschechien, Kasachstan oder Mexiko. Die Weltbank schätzt, dass 40 Prozent des Wassers auf dem Transport durch kaputte Pipelines verloren gehen. In Jakarta fließt Trinkwasser durch 550 Kilometer reparierter Leitungen zu 40.000 neuen Anschlüssen, ähnlich in Cartagena, Buenos Aires und Manila. Die positiven Folgen der Privatisierung verkünden aber meist nur die Initiatoren und Erbauer selbst. Dass im Liberalisierungs-Strom auch einige stranden, davon berichten andere. Manuel Schiffler, Wasserexperte und Mitarbeiter der Nahostabteilung der Weltbank, gab im Spiegel-Interview vom 22. Mai 2000 zu, ein großer Teil der Wassersubventionen gehe an die Reichen. Arme wären meist gar nicht ans Netz angeschlossen und müssten sich teuer beim Wasserverkäufer eindecken oder sich unter hohem Arbeitsaufwand selbst versorgen. Dass im Zuge der Privatisierung vor allem den Armen das Wasser abgegraben wird, ist kein neues Phänomen, vergleicht man die historische Entwicklung der Wasserwirtschaft in den USA.

Es leert die Geschichte

Im 19. Jahrhundert investierten private Unternehmer in reichere Stadtteile und vernachlässigten ärmere, wie in Boston, Baltimore, Chicago und vielen anderen Städten. Die Wasserversorgung kam erst wieder durch die Umwandlung in öffentliche Verwaltung in Schuss. Entgegen heutigen Trends drehen die Menschen dort nur noch zu 15 Prozent am Wasserhahn privater Quellen, wo es vor 200 Jahren noch 94 Prozent waren. Trotzdem mischen amerikanische wie auch Konzerne anderer Industriestaaten den Wassermarkt kräftig auf. Besonders England und Frankreich propagieren die Liberalisierung seit über zehn Jahren mit dem Versprechen, Wasser würde billiger. Seit der Privatisierung im Jahre 1988 unter Thatcher geht die englische Wasserwirtschaft allerdings den Bach runter. Die Engländer berappen ein Drittel des ursprünglichen Tarifs mehr, obwohl Leitungen seit Jahren nicht mehr repariert werden und immer noch ein Viertel des Wassers versickert, bevor es überhaupt einen Wasserhahn erreicht. Und die „verbesserte“ Trinkwasser-Qualität ist immer noch schlechter als in anderen europäischen Ländern. Weit drastischer ist die Situation in vielen Entwicklungsländern, wo die Menschen allein durch Trockenheit oft nicht einmal Zugang zu Wasser haben. Dort, wo der größte Wasserbedarf besteht, fehlt es meist auch an funktionierenden öffentlichen Anlagen und Regierungen, die fähig sind zu verwalten und zu kontrollieren. Was private Konzerne mit Hilfe öffentlicher Gelder der Weltbank vermehrt in die Hand nehmen und damit heimische Betriebe und Politiker der Entwicklungsländer zunehmend entmachten. Machtlos genug stehen sie der ungleichen Wasserverteilung auf der Erde ohnehin schon gegenüber.

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